Schwedische Küche
Dass die schwedische Küche besser ist als ihr Ruf, davon kann man sich in vielen erstklassigen Restaurants im Land, besonders in der Hauptstadt Stockholm, überzeugen. Hier wird oft von französischer Spitzenkochkunst beeinflusste schwedische Hausmannskost serviert, eine besonders delikate Mischung.
In den meisten Hotels wird ein überbordendes Frühstücksbuffet geboten. Zum klassischen Frukost gehört ein Teller Müsli, mit flingor (Flocken), verschiedenen Getreide und Obstsorten oder havregryn (Haferflocken), das man sich nach Wahl mit Milch, flüssigem Joghurt oder Dickmilch (filmjölk) anrührt. Manchmal gibt es neben Wurst und Käse sogar Hering zum Frühstück. Mittags stärkt man sich mit kleinen Gerichten beim Lunch. Viele Restaurants bieten dann preiswerte Inklusivmenüs (Dagens rätt), die außer einem warmen Gericht zusätzlich ein Getränk nach Wahl, Brot und Butter, einen Salat und Kaffee einschließen. Preiswerte Dagens rätt um die 50 SEK, die man in Cafés oder Selbstbedienungsrestaurants bekommt, bestehen meist aus paj, einer Quiche oder einem Gemüsekuchen, oder Pasta, einem Nudelgericht, aber auch hier sind die Zutaten inklusive. Kaffee kann man in der Regel bekommen, soviel man will (påtår), wobei man sich selbst bedient. Leitungswasser zum Essen ist immer kostenlos. Beim Abendessen, das Verwirrenderweise Middag heißt, wird dagegen groß gespeist. Abends sind die Gerichte in den Restaurants immer teurer, und es werden mehrgängige Menüs geboten. Dazu wird üblicherweise Wein getrunken, was in der Rechnung kräftig zu Buche schlagen kann. Die Kneipenkultur in Schweden befindet sich noch im Entwicklungsstadium. In den Städten hat es sich eingebürgert, im englischen Stil nach der Arbeit noch einen Happy-Hour-Drink zu nehmen. Die meisten Pubs folgen ebenfalls englischen bzw. irischen Vorbildern. Die Preise liegen hier ebenso hoch wie im Systembolaget. Etwas ungewohnt: Kneipen und Musiklokale sind für Leute unter 20 Jahren tabu, darauf weisen nicht nur Schilder, manchmal wachen auch Türsteher; in manchen Diskos haben sogar nur über 25jährige Zutritt. Hering, Knäckebrot und Elchsteak - Die schwedische Küche Beim Stichwort schwedische Küche denken die meisten zuerst an Smörgåsbord. Als Erfolgsrezept, wie man eine große Schar hungriger Menschen ohne großen Personalaufwand satt bekommt, hat diese Form des Buffets ihren Siegeszug inzwischen durch die internationalen Hotels der Welt angetreten. Es handelt sich - ein typisches Understatement - keineswegs um einen Tisch (bord) mit Butterbroten (smörgås), sondern um eine reich mit warmen und kalten Speisen gedeckte Tafel, auf der sich fast alle für die schwedische Küche typischen Gerichte wiederfinden. Bei den wiederholten Gängen zum Buffet kann man sich an die klassische Speisenfolge halten. Den Auftakt bildet, wie auch beim Lunch, ein Salat, der neben Salatblättern beispielsweise beim Mimosasallad süße Früchte und hartgekochtes Ei oder beim Västkustsallad Meeresfrüchte enthält. Muscheln (Musslor) und Garnelen (Räkor) leiten über zu den kalten Fischgerichten. Neben Räucherlachs (rökt Lax) ist gravad Lax die bekannteste Spezialität. Der rohe filetierte Fisch wird mit Salz und Zucker bestreut und mit Dill aromatisiert. Nach ein paar Tagen im Kühlschrank (früher wurde er eingegraben, daher der Name) ist der Fisch in der Beize kalt gegart und genussfertig. Nach diesem Rezept werden übrigens nicht nur Lachse, sondern auch andere Fische und sogar Fleisch behandelt. Berühmt ist Schweden aber vor allem für den süß-sauer eingelegten Hering (inlagd Sill). Die gängigsten Varianten sind Senapssill in zitronengelber Sahnesauce mit Senfgeschmack und Ansjovissillfileer, deren unverwechselbarer, aber leckerer Geschmack durch Beigabe von Salpeter erzeugt wird. Außerdem gibt es noch Dillsill (Dillhering), Glasmästarsill (in Stücke geschnitten, mit Karotten und Zwiebeln) und viele andere Einlegevarianten. Allen gemeinsam ist die Vorliebe fürs Süße. Das gilt auch für das schwedische Brot, mit Ausnahme von Knäckebrot. Äußerlich unterscheiden sich die dunkelbraunen Brotlaibe nicht vom deutschen Sauerteigbrot, aber eine Kostprobe zeigt: Hier wurde tief in den Zucker- und Gewürztopf gegriffen: Anis, Zimt, Piment oder Fenchel finden Verwendung. Auch das Tunnbröd, eine norrländische Spezialität, ist meist gesüßt, wenn auch nicht so stark. Das dünn ausgerollte Fladenbrot erfreut sich zunehmender Beliebtheit. In vielen Freilichtmuseen im Norden kann man zusehen, wie es gebacken wird und es gleich warm probieren - sehr empfehlenswert. Das Smörgåsbord bietet auch oft warme Gerichte der Hausmannskost, wie etwa Janssons frestelse. Übersetzt heißt das »Janssons Versuchung« und ist ein Auflauf aus Kartoffeln, Zwiebeln und Anchovis oder entsprechenden Heringsfilets. Auch die aus der Cafeteria eines »unmöglichen« Möbelhauses bekannten Köttbullar, kleine Fleischbällchen in brauner Sahnesauce, finden sich hier wieder, ebenso wie Kåldolmar, nichts anderes als die aus der deutschen Küche vertrauten Kohlrouladen. Zu allen warmen Gerichten isst man gerne Kartoffeln (Potatis), die in Schweden wirkliche Delikatessen sein können, vor allem die legendären kleinen Mandelpotatis, die frisch aus der Erde in der Schale gekocht traditionell zu Mittsommer mit Hering genossen werden. Verbreitet ist außerdem Kartoffelbrei (Mos), der auch in einer Variante mit Möhren beliebt ist. Und natürlich gehört ein Schlag Preiselbeergelee (Lingonsylt) zu vielen Fleischgerichten. Zur Hausmannskost zählt auch stekt Strömming, Brathering. In einem großen Land mit vielen ausgeprägten Regionen gibt es natürlich auch lokale Küchentraditionen. Vor allem die südschwedische Küche gilt als üppig und überhaupt nicht kalorienbewusst. Skåne nennt sich mit Hinweis auf seine vielen nahrhaften Spezialitäten und die Fülle ambitionierter Gasthöfe und Restaurants »Madariket« (Reich des Essens). Neben Hering wird hier viel Aal angeboten, geräuchert, gebraten oder in Gelee. Schonen ist auch das Land der Martinsgänse, die wie in Deutschland im November auf den Tisch kommen. Und für Freunde süßer Sachen gibt es Spettkaka: ein luftiger, aus Fett, Eiern und Zucker kunstvoll gebackener Kuchen. An der nördlichen Küste von Bohuslän genießt man Hummer, Garnelen und sogar Austern, aber natürlich auch Nordseefische aller Art. Geräucherte Flundern und Ostseeheringe sind die Spezialität von Gotland und der Ostseeküste. Der Ostseehering Strömming ist viel kleiner als sein Kollege aus der Nordsee und wird an der gesamten Ostseeküste gebraten, geräuchert oder eingelegt verwendet. Nach Norden zu wird die Küche immer karger, das Angebot an frischen Gemüse naturgemäß geringer. Gerade die norrländische Küche hat aber viele leckere Spezialitäten zu bieten, neben dem erwähnten Tunnbröd etwa süß gefüllte Mehlklöße, wie der Pitepalt, der in Piteå mit einem großen Fest gefeiert wird. Entsprechend den natürlichen Grundlagen kommt im Norden häufiger Wild auf den Tisch. Tiefgefroren gibt es portioniertes Elch- und Renfleisch auch im Supermarkt, was Selbstversorgern im Ferienhaus die Möglichkeit eröffnet, z. B. Elchgulasch zuzubereiten. Dazu gehören natürlich unbedingt Pilze (Svampar) als Beilage. Wer selbst zu den leidenschaftlichen Sammlern gehört, wird sich in Schweden wahrscheinlich im Paradies wähnen, vorausgesetzt der Sommerregen meint es mal wieder gut: Pfifferlinge (Kantareller) gibt es in hellen Scharen, und auch knackige und ansehnliche Exemplare von Steinpilz (Karljohan) und Rotkappe bzw. Birkenpilz sind ab Ende Juli und im August häufig zu finden. Frisches Obst aus dem eigenen Land ist in Schweden erst im Hochsommer zu haben, ab Ende Juni gibt es Erdbeeren (Jordgubbar), im späten Juli und August Johannisbeeren (Vinbär), gern auch schwarze, die hauptsächlich für die Heimproduktion von Aufgesetztem Verwendung finden. In der Regel nicht kaufen, sondern nur selber pflücken kann man die wilden Walderdbeeren (Smultron), eine an Aroma unübertroffene Köstlichkeit, nach der im Schwedischen die sogenannten Smultronställen, jene Paradiese auf Erden, von denen es nicht viele gibt, benannt sind. Blau- oder Heidelbeeren (Blåbär) reifen ab August. Wer Enttäuschungen vermeiden will, sollte wissen, es gibt zum Verwechseln ähnliche blaue Beeren: Die fade schmeckende Krähenbeere ist leicht an den völlig andersartigen Blättern zu erkennen, die aussehen wie winzige Fichtenzweige. Die Rauschbeere - der Name täuscht, sie ist nicht giftig und verursacht auch keine Räusche, sonst wäre sie in Schweden bereits ausgerottet - hat weißes Fruchtfleisch, und am Wuchs sind die im Vergleich zur Blaubeere hohen Sträucher mit geschultem Blick gut zu erkennen. Spätestens Ende August beherrschen die Preiselbeeren (Lingon) vielerorts den Kiefernwald mit roten Farbtupfern. Weiter im Norden von Jämtland bis Lappland sollte sich mit Gummistiefeln und Mückenmittel bewaffnen, wer Moltebeeren (Hjortron) pflücken will. Das »Gold des Nordens« wächst nur am Rand von Mooren. Frische Moltebeeren oder Marmelade kann man natürlich auch kaufen, sie sind aber sehr, sehr teuer. Eine ideale Kombination sind gezuckerte Multbeeren und Filmjölk. Die Vielfalt der Milchprodukte in Schweden ist erstaunlich. Filmjölk heißt bei uns »Schwedenmilch«, schmeckt spritziger als saure Milch und wird nach den langfädigen Kulturen benannt, die sie produzieren. Die Spezialvariante långfil sollte probieren, wer in Norrland ist. Wer mehr an Süßem interessiert ist, kann als Brotaufstrich Mesmör versuchen, der ebenfalls aus Milch gewonnen wird. Viele Käsesorten hat Schweden nicht zu bieten. Wer Pikantes mag, dem sei der kräftige Västerbotten empfohlen, den man in dünnen Scheiben genießt. Eine Spezialität des Berglandes an der Grenze zu Norwegen ist der Getost, der anders als der Name suggeriert, heute nur selten aus Ziegen-, häufiger aus Kuhmilch ist. Er schmeckt süßlich und völlig anders als Käse, eher wie eingetrocknete Kondensmilch.
In Sachen Bio-Lebensmittel hinkt Schweden anderen Ländern wie Deutschland noch beträchtlich hinterher. Doch das soll sich nun ändern. Der Landwirtschaftsminister will den Anbau und Vertrieb schwedischer Bio-Lebensmittel ab 2007 fördern. Fortschrittlich sind die Schweden aber beim Genfood. Die Mast von Schlachtvieh mit genmanipulierten Futter ist verboten. Vielfach wird auf den Fleischverpackungen extra darauf hingewiesen, dass es sich um schwedisches Fleisch handelt.
Das schwedische Biosiegel
Ein Tipp zum Schluss:
Wer in einem Konsum einkauft, sollte an der Chips-Abteilung nicht vorbei gehen. Dort gibt es "Svenska Natur Chips" in Verschiedenen Varianten. Unbedingt probieren solltest du aber Dill & Gräddfil (Dill & saure Sahne)
Bücher:
Schwedisch kochen, von Anne Iburg. Gerichte und ihre Geschichte. Die Werkstatt. 184 Seiten. ISBN-10: 3895334537 ISBN-13: 978-3895334535 € 16,90 (Amazon)
Weltküche Schweden, von Diana Billaudelle. Von Komet. ISBN-10: 3898367118 ISBN-13: 978-3898367110 € 7,95 (Amazon)
Bei Astrid Lindgren zu Tisch, von Sybil Gräfin Schönfeld. Arche Verlag, Hamburg. 208 Seiten. ISBN-10: 3716023744 ISBN-13: 978-3716023747 € 19,90 (Amazon)
Das schwedische Kochbuch, von Agnetha Fredrikkson & Alexander Tanndalen. 176 Seiten. ISBN: 3-89836-307-4 (Amazon)